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19.03.2014

19. März 1944: Besetzung Ungarns durch die Deutschen – der Anfang vom Ende

 
 
Eva Fahidi 2011 in Berlin

Eva Fahidi 2011 in Berlin

 

 

 

Gespräch mit Eva Fahidi, aufgezeichnet von Christoph Heubner am 19. März 2014

"Es war ein regnerischer Tag in Debrecen, dieser 19. März", erzählt Eva Fahidi, "unsere Familie war bei Freunden eingeladen. Und dort hörten wir auch, daß die Deutschen in Ungarn eingerückt waren und das Land besetzt hatten. Wir spürten die Angst der Erwachsenen und auch unsere Eltern drängte es nach Hause. Auf dem Weg dorthin sahen wir die vielen Militärflugzeuge, die den sonst so ruhigen Flugplatz von Debrecen anflogen und landeten. Abends nach dem Essen bat unser Papa uns alle in sein Arbeitszimmer. An diesem Abend habe ich in seinem Gesicht zum ersten Mal überhaupt Angst gesehen. Er hielt eine Art Rede an uns und wohl auch an sich selbst: "Das wird nicht lange dauern mit den Deutschen, die russischen Truppen jenseits der Karpaten sind ja schon fast mit den Händen zu greifen. Wir dürfen und müssen keine Angst haben, wir müssen aber jetzt fest zusammenhalten, noch mehr als sonst. Bestimmt werden uns die Deutschen hart arbeiten lassen, aber das können wir überstehen, wenn wir beisammen bleiben ..." und so fort und so fort: Er sprach gegen seine und unsere Angst. Angst vor dem, was die Deutschen uns Juden antun könnten.

Am 21. März wurde unser Haus von der Feldgendarmerie beschlagnahmt. Der Chef der Feldpolizei, sein Name war Kaiser, zog in unser Haus ein. Aber er duldete uns, die Familie, in dem kleinsten Zimmer. Wir durften bleiben: Immerhin.

Das blieb so bis zum 29. April: An diesem Tag wurden wir alle ins Ghetto deportiert. Später dann der Weg nach Auschwitz.

Einzig ich bin nach Debrecen zurückgekommen. Die ungarischen Juden sind die größte jüdische Gruppe, die man in Auschwitz-Birkenau ermordet und verbrannt hat. All das wußte ich an diesem 19. März noch nicht. Aber wir spürten und wußten alle, daß dies der Anfang von etwas Schwerem und Schrecklichen war. Daß dieser Tag der Anfang vom Ende nicht nur meiner Familie sein sollte, das weiß ich erst heute.

Eichmann kam am 21. März in Budapest an: Sein Stab umfasste 150 Personen. Mit diesem Stab und mit Hilfe und Zustimmung der ungarischen Behörden hat er die Deportationen der ungarischen Juden in die Wege geleitet – nach Auschwitz in die Gaskammern und ins Feuer."

Das Internationale Auschwitz Komitee wird im Sommer 2014 durch Ausstellungen, Veranstaltungen und Publikationen der Deportation und Ermordung der ungarischen Juden gedenken.