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26.04.2012

Verbeugung vor einer engagierten Antifaschistin: Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz überreicht das Große Bundesverdienstkreuz an Esther Bejarano

 
 
Wolfgang Rose, Esther Bejarano und Olaf Scholz, Bürgermeister der Hansestadt Hamburg

Wolfgang Rose, Esther Bejarano und Olaf Scholz, Bürgermeister der Hansestadt Hamburg

 

Dateien zum Download

Artikel_Hamburger_Abendblatt_27-4-2012.pdf
Artikel_junge_Welt_28-04-2012.pdf
Dankesgruss_Wolfgang_Rose.pdf
 

 

Esther Bejarano, Vorsitzende des Hamburger Auschwitz-Komitees und Ehrenvorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschist_innen, erhielt am 26. April 2012 im Bürgermeistersaal des Hamburger Rathauses das Große Bundesverdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Diese höchste Auszeichnung der Bundesrepublik überreichte Hamburg Erster Bürgermeister Olaf Scholz.

In der Ordensbegründung heißt es u.a: "Im Sinne einer wahren Lebensleistung hat sie sich -- als Künstlerin und als Friedensaktivistin -- unermüdlich der Warnung vor Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung gewidmet. [...] Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse im Zusammenhang mit rechtsradikalem Terror in Deutschland kann das Engagement von Frau Bejarano nicht hoch genug gewürdigt werden."


Esther Bejarano, eine der letzten Überlebenden des Mädchenorchesters im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, veröffentlichte 2009 gemeinsam mit der Kölner türkisch-italienischen Rap-Gruppe Microphone Mafia ein Album unter dem Titel "Per La Vita". Sie macht Musik gegen rechts, generations- und religionsübergreifend. Esther Bejarano besucht seit mehr als 25 Jahren Schulen und führt Zeitzeugengespräche mit den Schülerinnen und Schülern.


Bereits im Oktober 2008 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse bedacht, doch Esther Bejarano hat auch den 31. Januar 2004 nicht vergessen, als sie in Hamburg an einer Demonstration gegen einen Nazi-Aufmarsch teilnahm und die Polizei mit einem Wasserwerfer direkt auf den Wagen zielte, in dem sie saß. Am 2. Juni werden wir Esther erneut treffen, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger gegen den Aufmarsch der Neonazis in ihrer Stadt aufstehen!

Bei der Verleihung sagte Esther Bejarano u.a.:
"Die Auszeichnung mit dem großen Bundesverdienstkreuz verstehe ich als große Ehre nicht für mich, sondern für alle Zeitzeugen und alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter gegen Neofaschismus, Antisemitismus, gegen Rassismus jeglicher Art.

Ich lebe jetzt mit meiner Familie 52 Jahre in Hamburg und fühle mich hier zuhause.Aber ein großer Wermutstropfen ist schon noch dabei. Gerade hier in Deutschland dürfte es keine Nazis mit ihrer menschenverachtenden Ideologie mehr geben. Wir alle müssen uns dagegen wehren. Unsere Regierung muss sich endlich nach unserem Grundgesetz richten, in dem es heißt, dass alle Nachfolgeorganisationen der NSDAP verboten werden müssen, dass alle nazistischen Schriften und Embleme verboten sind. Kämpfen wir also weiter und beherzigen wir den Schwur von Buchenwald, in dem es heißt: 'Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!'. Hamburg muss nazifrei sein. Dafür setzen wir uns ein und hoffen auf die Hilfe des Senats gegen den Naziaufmarsch an 2. Juni 2012!"

Wolfgang Rose, Landesbezirksleiter von ver.di Hamburg, sagte in einer kurzen Ansprache:

"Esther ist die, die die Antifaschisten von damals und heute versöhnt. Wir können die Geschichte nicht rückgängig machen. Sie wurde erlebt und erlitten. Aber wir können heute die richtigen Lehren daraus ziehen. Wir können die Gemeinsamkeit der Demokraten schaffen im Kampf gegen rechts -- am 2. Juni ist wieder Gelegenheit dazu. Wir können etwas tun, um Neonazis zu verbieten und ihr Gift aus den Köpfen zu vertreiben. Wir können daran arbeiten, eine menschliche und solidarische Welt zu schaffen, in der es keine Sündenböcke mehr gibt.

Und ich jedenfalls denke dabei auch immer an Dich, Esther. An Deine Fähigkeit, mit Deiner Lebensfreude und Deiner Musik und zugleich mit Deiner Ernsthaftigkeit und der Kraft Deiner Wahrheit Leid und Hoffnung zu verbinden. An das, was Du gesagt hat, und auch daran, wie Du es gesagt hast."

Peggy Parnass, Esthers langjährige Freundin, spracht über die Strapatzen der Konfrontation beim Zeitzeugengespräch, dem Esther Bejarano sich immer wieder stellt: "Ich weiß nicht, wie du das durchhältst!". Und stellte fest: "Hamburg schuldet dir Dank, liebe Esther. Es ist eine Ehre für Hamburg, dass du diesen Orden annimmst."

[Quelle: Hamburger Auschwitz-Komitee; 
auschwitz-komitee(iak)t-online.de]