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Sarah Nonnenmacher: "Ich habe doch die Schuhe gesehen, ich habe sie in meinen Händen gehalten, sie sorgfältig gereinigt und konserviert, die Schuhe der Opfer – ihre letzte Spur über der Asche." © Boris Buchholz / IAK
Sarah Nonnenmacher: "Ich habe doch die Schuhe gesehen, ich habe sie in meinen Händen gehalten, sie sorgfältig gereinigt und konserviert, die Schuhe der Opfer – ihre letzte Spur über der Asche." © Boris Buchholz / IAK 

 

70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz | Gedenkveranstaltung des IAK am 26.1.2015, Urania, Berlin

Rede der VW-Auszubildenden Sarah Nonnenmacher

Die Schuhe. Ich werde die Schuhe nie vergessen. 14 Tage haben wir im Juni 2014 in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau gearbeitet. Wir – das heißt Auszubildende von Volkswagen aus Wolfsburg und Emden und Berufsschülerinnen und Berufsschüler aus Bielsko Biala. Alexandra, die vor mir gesprochen hat, war eine von ihnen.

Einige von uns haben den Stacheldraht in Birkenau erneuert, der erhalten wird, damit die Menschen aus vielen Ländern verstehen, um was für einen Ort es sich handelt: Hier waren Menschen eingesperrt, hier wurde gequält und gemordet, hier wurde geweint und geschrien, hier war der dunkelste Ort, den ich bisher in meinem Leben
gesehen habe.

Aber ich wollte es wissen: Ich wollte und will wissen, warum Millionen jüdischer Menschen gejagt und ermordet worden sind, ich will wissen, was mit den Roma geschehen ist, was mit den Polen, was mit den sowjetischen Kriegsgefangenen, was mit all den andern.

Ich habe doch die Schuhe gesehen, ich habe sie in meinen Händen gehalten, sie sorgfältig gereinigt und konserviert, die Schuhe der Opfer - ihre letzte Spur über der Asche. Manche Schuhe so klein – die Kinder. Ja, Alexandra hat recht: Wir haben zusammen geweint: Deutsche und Polen – in Auschwitz. Die Geschichte war uns sehr nah, sie hatte Namen und Gesichter, viele der Opfer waren damals so alt, wie wir heute sind: Nein, eigentlich kann ich nicht beschreiben, was für ein Gefühl es war, diese Arbeit tun zu dürfen, den Menschen von Auschwitz so nahe zu sein.

Als wir das erste Mal das Geländes Birkenau betreten haben, war ich überwältigt von der Größe : So viel Draht, so viele unsichtbare Gräber, so logisch organisiert: Keine Mörderbande, ein geplantes und durchgeführtes Verbrechen des damaligen deutschen Staates: Das ist Auschwitz. Und auch von den Tätern, den Wachleuten, den Helfern waren viele so alt wie wir.

Wie will ich leben? Auschwitz hat meinen Blick geschärft für das, was heute um mich herum geschieht. Gleichgültigkeit, Antisemitismus, Haß, Intoleranz – aber auch die Schönheit des Lebens, meine Familie, mein Freund, meine Arbeit, – dass ich geborgen bin – kein Flüchtling, kein Mensch, der gejagt wird, voller Angst in der Fremde.

Die Schuhe. Ich werde die Schuhe von Auschwitz nie vergessen: Ihre Spuren führen zu uns: Behaltet uns im Gedächtnis: Wir gehören zu Euch! Für immer!