Zu den Pogromen in Lichtenhagen im August 1992 und dem diesjährigen Gedenken betonte während eines Aufenthaltes in Werdau/Zwickau Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees:
"Überlebende des Hololcaust haben im August des Jahres 1992 die Bilder und die Berichte aus Lichtenhagen mit Entsetzen und Mitgefühl für die Bedrängten verfolgt. Bis zum heutigen Tag gelten die Augusttage des Jahres 1992 und die Pogrome in Rostock-Lichtenhagen für Überlebende des Holocaust als Zeitenwende:
All das, was ihnen und ihren Familien zwischen 1933 und 1945 in ihren deutschen Heimatstädten an Hass, Ausgrenzung, Verfolgung, Feuer und schließlich Ermordung entgegengeschlagen war, schien in Deutschlands Grundaustattung noch immer vorhanden zu sein und konnte als mörderischer Hass mit Volksfestcharakter entfesselt und gegen jede Minderheit auf die Straße gejagt werden. Insofern markieren die Tage in Lichtenhagen den tiefen Vertrauensverlust des "Fremden"in den Bürger von nebenan, der ihm, dem Fremden", irgendwann sein wahres Gesicht zeigen und auf die Straße drängen wird. Sie markieren aber auch den tiefen Vertrauensverlust in eine staatliche und polizeiliche Ordnung, die aus selbstverständlicher demokratischer Gesinnung heraus, fremde Menschen in unserem Land vor dem Hass agressiver, enthemmter und faschistoider Minderheiten zu schützen versteht. Gerade angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Überlegungen, denen wir uns in Deutschland im Blick auf die Entwicklung von Rechtsextremismus, Hass gegen Minderheiten und Antisemitismus ausgesetzt sehen, stellt sich beim Gedenken an Lichtenhagen die wichtigste Frage an alle von uns:
Was hättest Du in Lichtenhagen getan? Nach all den politischen Debatten, Unterweisungen und Zelebrierungen in Ost- und Westdeutschland, um die kollektiven Fragen nach dem Verhalten des Einzelnen während der NS-Zeit, steht diese Frage ganz oben auf der Liste: Was hätten wir in Lichtenhagen getan? Was tun wir heute?"