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09.06.2021

Gelände der Freien Universität in Berlin ein Tatort des Holocaust?

 
 
Der ehemalige Garten des damaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für menschliche Erblehre, Anthropologie und Eugenik (KWIA) ist heute ein Parkplatz. In diesem Bereich wurden Knochen gefunden, die auf in Auschwitz ermordete Häftlinge deuten. Foto: Bernd Oertwig

Der ehemalige Garten des damaligen Kaiser-Wilhelm-Instituts für menschliche Erblehre, Anthropologie und Eugenik (KWIA) ist heute ein Parkplatz. In diesem Bereich wurden Knochen gefunden, die auf in Auschwitz ermordete Häftlinge deuten. Foto: Bernd Oertwig

 

 

 

Nach den neuesten Recherchen des Berliner Historikers Götz Aly (siehe Berliner Zeitung vom 6.6.2021) sind Auschwitz Überlebende empört über den fehlenden Aufklärungswillen der Universitätsleitung der Freien Universität in Berlin und die unsensible Behandlung der seit 2014 auf dem Gelände der FU im Bereich der Garystraße 39 entdeckten menschlichen Überreste.

Hierzu betonte Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, während eines Aufenthaltes in der Gedenkstätte Auschwitz:

"Für Auschwitz-Überlebende ist es mehr als deutlich, dass sich auf dem Gelände der Freien Universität in Berlin ein Tatort des Holocaust befindet. Alle vorhandenen Spuren der in diesem Bereich der Freien Universität gefundenen menschlichen Überreste verweisen nach Auschwitz und auf eines der unmenschlichsten Kapitel deutscher Wissenschaftsgeschichte: Die mörderische Zusammenarbeit zwischen dem Auschwitz-Arzt Josef Mengele und dem Medizin-Professor, Zwillingsforscher und Rassenhygieniker Otmar von Verschuer am Kaiser Wilhelm Institut zu Berlin, das sich heute auf dem Gelände der Freien Universität befindet.

Mengele untersuchte in Auschwitz vor allem jüdische Männer, Frauen und Kinder, tötete sie dann und ließ die ihnen entnommenen menschlichen Präparate in Absprache mit Verschuer zu "Forschungszwecken" ins Kaiser-Wilhelm Institut verbringen. Es ist daher offensichtlich, dass sich auf dem besagten Gelände weitere Körperreste von jüdischen Menschen befinden müssen, die mit aller größter Wahrscheinlichkeit in Auschwitz einem bis heute nicht verjährten Verbrechen zum Opfer gefallen sind. Für Auschwitz-Überlebende ist es unerträglich, dass Körperteile ihrer Angehörigen immer noch in Berlin verscharrt sind oder in unsäglicher und menschenunwürdiger Weise entsorgt werden.

Auschwitz-Überlebende stellen deshalb die dringende Frage, warum keine weiteren Grabungen veranlasst wurden und warum die Berliner Staatsanwaltschaft sowie die politisch Verantwortlichen bisher nicht tätig geworden sind und die Kooperation der Dienststellen der Freien Universität sicher gestellt haben? Es wird höchste Zeit, daß die Universitätsleitung diesem Schatten, der massiv auf dem Renommee der Universität lastet, zu Leibe rückt und ihre Verdrängungs- und Vertuschungsversuche beendet.

In Zeiten neuen antisemitischen Hasses wirkt eine solche Blockadehaltung auf Überlebende des Holocaust gerade aus dem akademischen Milieu heraus nur noch würdelos."