30.8.2021: IAK Gedenkfeier für Roman Kent in Berlin
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigt den ehemaligen Präsidenten des Internationalen Auschwitz Komitees, Roman Kent, als Kämpfer für die Rechte der Schoa-Überlebenden.
„Sein Vermächtnis ist uns eine Verpflichtung, Antisemitismus und Rassismus jede Art von Widerstand zu leisten.“ Das versicherte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Gedenkfeier für Roman Kent. Der Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees war im Mai im Alter von 92 Jahren verstorben. Er denke an Roman Kent mit „tiefer Wehmut und Dankbarkeit“, sagte der Bundespräsident
In Auschwitz trat nicht das Monströse in Menschengestalt auf, „sondern die Bestie lauert in uns allen“, betonte Steinmeier. Kent habe die Abgründe des Menschen gekannt, sei aber auch ein „pragmatischer, durchsetzungsfähiger Kämpfer für die Rechte und die Anliegen der Überlebenden“ gewesen. „Als Präsident des Auschwitz-Komitees hat er so eindringlich davon erzählt und davor gewarnt, was in Auschwitz geschehen war, wie kaum ein anderer“, sagte Frank-Walter Steinmeier.
Marian Turski, der als Nachfolger von Roman Kent in das Amt des IAK-Präsidenten gewählt wurde, erinnerte in seiner Rede an den Mann, mit dem er seit der Jugend befreundet war.
Marian Turski: „Drei Klassenkameraden aus dem Litzmannstadtghetto. Noah Flug, Roman Kent und ich. Das Schicksal wollte es, dass wir dieselbe Funktion ausübten. Noah Flug war bis zu seinem Tod im Jahr 2011 Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees. Nach ihm wählten wir Roman Kent. Er ist im Mai dieses Jahres von uns gegangen, und nun ist es - nach dem Willen der Mitglieder des IAK Präsidiums - an mir, an seine Stelle zu treten. Zusammen mit namhaften Vertretern der zweiten und dritten Generation werden wir den Karren weiter ziehen und die Welt, die von Gewalt, Zersplitterung, Hass, Hetze und Populismus bedroht wird, an unsere schweren Erfahrungen als ehemalige Häftlinge von Auschwitz erinnern.“
Marian Turski erinnert an das Kinderbuch „Lala“. Roman Kent hatte die Geschichte des kleinen Hundes aufgeschrieben, der ihn in seiner Jugend viel bedeutete. „Er hat bewiesen, dass das Leid, das der Holocaust verursachte, das Verstoßen derer, die man für ‚anders‘ hielt, nicht mit Hilfe von Statistiken und Vernichtungsszenen gezeigt werden muss, wie sie für Erwachsene wichtig sind. Wie man mit Menschen mitfühlen kann, die aus Hass hinter Stacheldraht gefangen sind, belegt das Beispiel der wunderbaren Freundschaft, Treue und Liebe des Hundes Lala. Und das ist vielleicht die lehrreichste Einführung eines Kindes in die Holocaust-Problematik.“
Auschwitz - Großrosen - Flossenburg. Von vielen glücklichen Zufällen abgesehen, musste man sich durch besonderen Lebenswillen auszeichnen, um die Lager zu überleben. Dieser Impuls zu leben, sagte Marian Turski in seiner Rede, war für Roman die Sorge, das Leben seines jüngeren Bruders zu retten. Roman rettet seinen Bruder, und sein Bruder Leon ist die Ursache für Romans Verpflichtung, zu leben und zu überleben und um dessentwillen mutig zu sein.
Marian Turski erinnerte an das Leben und die Arbeit von Roman Kent in den USA und seinen Einsatz für Organisationen wie die Amerikanische Versammlung Jüdischer Überlebender, die Stiftung für die Gerechten und die Claims Conference.
„Das Vermächtnis und die Botschaften, die Roman Kent uns hinterlassen hat, sind enorm. Es ist unsere Pflicht und unser Privileg, sie weiterzutragen, weiterzuentwickeln und zu verwirklichen.“
Marian Turski schloss mit dem Credo von Roman Kent: „Wir müssen unseren Kindern zu Hause und in den Schulen Toleranz und Verständnis beibringen, denn Toleranz kann man nicht von vornherein voraussetzen – man muss sie lehren. Wir müssen unseren Kindern das Wissen einimpfen, dass Hass niemals gut ist, Liebe dagegen niemals böse.“
Adriana Gilbo, Jugend- und Auszubildendenvertretung der Volkswagen AG in Wolfsburg, schilderte ihre Begegnungen mit Roman Kent in Oświęcim/Auschwitz. Vor wenigen Jahren saß sie bei einer Tagung hinter Roman Kent. Ein brütend heißer Tag. Roman Kent drehte sich um: „Geht’s euch gut?“
Die Frage hat sie geflasht. Adriana kniete sich in die Jugend- und Auszubildendenarbeit bei VW und in der IG Metall. „Ich will mich auch umdrehen und fragen: Geht’s euch gut?“
Rüdiger Mahlo von der Jewish Claims Conference erinnerte an das Engagement von Roman Kent und Jeffrey Kent schließlich, Sohn von Roman Kent, nannte seinen Vater ein außerordentliches Vorbild.
Zum Abschluss der Gedenkveranstaltung betonte Christoph Heubner, der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees: "Das, was Roman Kent uns an Erinnerungen und Einsichten mit auf den Weg gegeben hat, werden wir - besonders in unserer Arbeit mit jungen Menschen - weiter beherzigen. Die Reden des heutigen Tages werden wir in einer eigenen Broschüre publizieren.“
Zum Video der Gedenkfeier für Roman Kent: IAK YouTube Kanal
Zum Text der Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier