Quelle: Neues Deutschland
Markus Drescher über die Untätigkeit deutscher Gerichte gegenüber NS-Verbrechern
Deutsche Fahnder sind 50 NS-Tätern auf der Spur. Klingt nach einer Schlagzeile aus der Nachkriegszeit oder zumindest aus den 60er oder 70er Jahren. Sie stammt aber vom vergangenen Wochenende. Für die Überlebenden von Auschwitz sei dies eine wichtige Nachricht, erklärte der geschäftsführende Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner. Der israelische Nazi-Jäger Efraim Zuroff sagte: »Wir sind hocherfreut, dass diese Fahndungen jetzt begonnen haben.« Jetzt, das ist fast 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Und so mag die Meldung für ein wenig Genugtuung bei den Überlebenden und ihren Angehörigen sorgen können.
Dass diese Nachricht aber medial allenthalben quasi als Erfolgsmeldung verkauft wird, ist peinlich. Erst das Urteil gegen den ehemaligen Wachmann im Lager Sobibor, John Demjanjuk, soll nun die Aussicht auf eine Verurteilung gebracht haben. Weil seitdem jede Tätigkeit in einem Konzentrationslager ausreiche, um wegen der Beihilfe zum Mord belangt zu werden. Dieses Urteil fiel 2011. So sprechen wir hier von Ermittlungen 68 Jahre nach dem Kriegsende, angeschoben durch einen Prozess ganze 66 Jahre nach diesem. Was für Hohn! Und Beweis für die unerträgliche Untätigkeit der bundesdeutschen Justiz und Politik, wenn es darum ging, Naziverbrecher zu verfolgen und vor Gericht zu bringen.
Quelle: http://www.neues-deutschland.de/artikel/818012.70-jahre-spaeter.html