Ein machtvolles Signal gegen das Vergessen: In Oswiecim/Auschwitz ist die Ausstellung des Gemäldezyklus „Birkenau“ des Malers Gerhard Richter jetzt dem Publikum zugänglich. In einem extra nur für diesen Zweck gebauten Museum werden die vier weltberühmten Arbeiten des Künstlers gezeigt.
Die vier Bilder, die Gerhard Richter unter dem Titel „Birkenau“ zusammengestellte, beziehen sich auf die einzigen heimlich aufgenommenen Fotos von der Ermordung jüdischer Menschen in Auschwitz. Die Fotos entstanden im Lager Auschwitz II-Birkenau, nahe Krematorium und Gaskammer Nr.5, aufgenommen von Angehörigen des jüdischen Sonderkommandos im Lager Auschwitz II-Birkenau. Die Fotografien wurden aus dem Lager geschmuggelt und kamen in die Hände des polnischen Widerstands.
Gerhard Richters Konzept der Ausstellung sieht vor, dass der Bilder-Zyklus durch einen vierteiligen grauen Spiegel ergänzt wird, der den Bildern gegenüber angebracht ist. Ein Konzept, das Gerhard Richter in Berlin, New York, Moskau, Dresden und anderen Städten gezeigt hat.
Dieses Konzept wollte Gerhard Richter auch in Oswiecim realisiert sehen. Das Museum wurde extra und ausschließlich für seine Arbeiten gebaut. Die in Oswiecim ausgestellten Werke hat die Gerhard Richter Kunststiftung dem Internationalen Auschwitz Komitee als Schenkung übergeben. Sie tragen im Werkverzeichnis Gerhard Richters die Nummern CR 958 1-12.
Der Zyklus „Birkenau“ gilt als eine der bedeutendsten Werkgruppen des Kölner Künstlers. Die Motive wurden von Richter immer wieder übermalt und verändert. Die vier Gemälde sind in den Farben Schwarz, Grau, Rot und Grün gehalten.
Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, hatte vor etlicher Zeit bei Gerhard Richter angefragt, ob er sich eine Ausstellung seines Gemäldezyklus „Birkenau“ in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim/Auschwitz vorstellen könne. Eine Anfrage, auf die Gerhard Richter von Anfang an mit großem Interesse und großer Zuwendung reagierte.
Nachdem Gerhard Richter und Christoph Heubner im Kontakt mit der Direktion der Internationalen Jugendbegegnungsstätte verschiedene Standorte für die geplante Ausstellung innerhalb der Internationalen Jugendbegegnungsstätte geprüft hatte, zeichnete sich immer deutlicher ab, daß die Ausstellungskonzeption nur in einem eigens dafür geschaffenen Gebäude umzusetzen war. Von Anbeginn an beteiligte sich Richter an der Diskussion, wie die architektonische Konzeption „seines“ Ausstellungshauses gerade in Oswiecim, nur wenige Kilometer vom Entstehungsort der Fotos entfernt, aussehen könnte. In der Folge legte Gerhard Richter einen dezidierten architektonischen Entwurf des Ausstellungshauses vor, der die Foto-Edition seiner Bilder, die vier grauteiligen Spiegel und die vier Kopien der Originalfotos in seine Obhut nehmen würde: In Oswiecim entstand so das erste "Gesamtkunstwerk" im Ouvre des Künstlers Gerhard Richter.
Die Idee des „Gerhard Richter Birkenau“-Ausstellungshauses in Oswiecim wurde seit dem Jahr 2020 von Christoph Heubner mit Gerhard Richter und Sabine Moritz-Richter in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Auschwitz Komitee, der Stiftung für die Internationale Jugendbegegnungsstätte in Oswiecim /Auschwitz, Direktorin Joanna Kleczar-Deodat und Direktor Albert Szalas sowie der Stadt Oswiecim entwickelt. Der architektonische Entwurf Gerhard Richters wurde bei der baulichen Planung und Ausführung von dem Architekten Edwin Heinz -GMS Architekten PartGmbH Isny/Allgäu und dem Architekturbüro Susul&Strama Architekci Oswiecim betreut und realisiert.
Der Bau des Ausstellungshauses „Gerhard Richter Birkenau“ wurde dankenswerterweise durch eine Spende der Volkswagen AG ermöglicht, die mit diesem finanziellen Engagement erneut ihr langjähriges politisches und pädagogisches Engagement in der Gedenkstätte und der Internationalen Jugendbegegnungsstätte bekräftigte.
Das „Gerhard Richter Birkenau“-Ausstellungsgebäude wurde am 9.2.2024, dem Tag des 92.Geburtstages des Künstlers, durch Wolfgang Schmidt, Leiter des Kanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben gemeinsam mit Daniela Cavallo, Vorsitzende des Gesamt-und Konzernbetriebsrates der Volkswagen AG als Repräsentantin des Konzerns, und Marian Turski, Auschwitz-Überlebender und Präsident des Internationalen Auschwitz Komitees gemeinsam mit Sabine Moritz-Richter, der Ehefrau des Künstlers und Janusz Chwierut, Präsident der Stadt Oswiecim sowie Krzystof Kleczar, Woiwode der Woiwodschaft Kleinpolen, eröffnet.
Für Christoph Heubner ging mit der Eröffnung der Ausstellung eine langjährige Absicht in Erfüllung, die Position der Stadt Oswiecim im hier tagtäglichen Miteinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu stärken und deutlich werden zu lassen, dass die weltweite künstlerische Auseinandersetzung mit Auschwitz und der Shoah immer neu beginnt und auch an diesem Ort ihren Platz finden wird.
Fotos der Eröffnungsfeier