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Pressemitteilung des Internationalen Auschwitz Komitees

25.12.2023

jüdische Auschwitz-Überlebende und des Auschwitz Komitees der Niederlande durch den Vorläufer des heutigen niederländischen Inlands-Geheimdienstes ausspioniert.

 
 
Der niederländische Inlandsgeheimdienst BVD war von 1957 bis 1993 In diesem Backsteingebäude an der President Kennedylaan in Den Haag untergebracht. Anschließend wurde es abgerissen. Foto: https://www.universiteitleiden.nl/nieuws/2016/11/veiligheids--en-inlichtingendiensten-speelbal-van-verschillende-belangen, KGS IAK Berlin.

Der niederländische Inlandsgeheimdienst BVD war von 1957 bis 1993 In diesem Backsteingebäude an der President Kennedylaan in Den Haag untergebracht. Anschließend wurde es abgerissen. Foto: https://www.universiteitleiden.nl/nieuws/2016/11/veiligheids--en-inlichtingendiensten-speelbal-van-verschillende-belangen, KGS IAK Berlin.

 

 

 

Bis in die 80er Jahre hinein hat der niederländische Inlands-Geheimdienst jüdische Auschwitz-Überlebende in den Niederlanden und deren Engagement im 1956 gegründeten niederländischen Auschwitz-Komitee als "Gefahr für die Demokratie" ausspioniert.

Das berichtet die niederländische Zeitung Het Parool nach einer Recherche und der Auswertung von 71 000 mittlerweile öffentlich zugänglichen Akten des Dienstes in ihrer Ausgabe vom 23. Dezember. Die Ausforschung der angeblichen "Extremisten" erstreckte sich bis in die privaten Wohnräume von Annetje Fels-Kupferschmidt, der damaligen Präsidentin des Auschwitz-Komitees der Niederlande und Repräsentantin der niederländischen Auschwitz-Überlebenden im Internationalen Auschwitz Komitee. Beobachtet und in Berichten dokumentiert wurden Diskussionen bei Sitzungen des Auschwitz-Komitees, Gedenkveranstaltungen zur Auschwitz-Befreiung in den gesamten NIederlanden und die Teilnahme an internationalen Aktivitäten aller Auschwitz Komitees, so auch in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau. Dokumentiert wurde beispielsweise eine Diskussion unter Mitgliedern des Auschwitz Komitees im Jahre 1966, die die bevorstehende Freilassung des in den Niederlanden verurteilten und inhaftierten SS-Obersturmbannführers Willy Lages betraf, der für die Deportation der mehr als 100 000 niederländischer Jüdinnen und Juden in die Vernichtungslager mitverantwortlich war. Lages, 1901 in Braunschweig geboren, wurde auf Anordnung des niederländischen Justisministers 1966 wegen Krankheit aus der Haft entlassen und nach Deutschland abgeschoben. Er starb fünf Jahre nach seiner Haftentlassung 1971 in Braunlage. Die Empörung über diese Entscheidung war nicht nur unter Auschwitz-Überlebenden in den Niederlanden groß.

Der Vorsitzende des Auschwitz Komitees der Niederlande Jacques Grishaver betonte zu den Erkenntnissen der Journalisten: "Niemand hat etwas von diesen Vorgängen gewußt. Wenn man die Akten liest, möchte man schreien. Alle diese Namen, die dort aufgeführt sind: Diese Menschen haben so viel durchlitten. Fast alle von ihnen haben ihre gesamte Familie verloren. Und dann wurden sie noch zu Staatsfeinden deklariert. Die Tatsache, dass Berichte angefertigt wurden über Auschwitz-Gedenkveranstaltungen, über die Menschen, die dort zusammenkamen, um ihrer ermordeten Angehörigen zu gedenken - das alles widerspricht jeder Idee von Zivilisation und ist durch nichts zu rechtfertigen, auch wenn man berücksichtigt, daß es andere Zeiten waren."  Chaja Polak, die mittlerweile 82 jährige Tochter von Annetje Fels-Kupferschmidt, berichtete über zahlreiche Begegnungen von Auschwitz-Überlebenden aus vielen Ländern in der Wohnung ihrer Eltern und fügte hinzu: "Ich denke, daß die Namen all dieser Menschen, die sich so sehr bemühten Auschwitz auf die Landkarte Europas zu setzen und die Welt wissen zu lassen, was dort geschah und darüberhinaus hart dafür arbeiteten, Überlebende -von denen die meisten in Armut lebten- finanziell zu unterstützen, von dieser Schmach gereinigt werden müssen."  

Und in Berlin betonte Christoph Heubner, der Exekutiv Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees: "Für Auschwitz-Überlebende in aller Welt sind die Nachrichten aus den Niederlanden wie ein Schlag ins Gesicht und ein zutiefst deprimierender und empörender Vorgang. Es ist höchste Zeit, daß die niederländischen Behörden sich hierzu erklären und entschuldigen. Dies ist umso wichtiger, weil viele Auschwitz-Überlebende sich gut daran erinnern, wie sie in den Zeiten des Kalten Krieges für das Gedenken an Auschwitz, ihr Eintreten für die Verfolgung und Aburteilung der Täter und für die Entschädigung der Überlebenden als "Staatsfeinde" und "Kommunisten" gebrandmarkt und ausgegrenzt worden sind. Besonders die Tatsache, daß die Überlebenden selbst versuchten, die Bindungen unter ihnen über die Grenzen des geteilten Europas hinweg zu erhalten, war vielen Fanatikern in Ost und West ein Dorn im Auge."

 
 
 

Für Rückfragen / for further Information

Christoph Heubner

Exekutiv-Vizepräsident 

Internationales Auschwitz Komitee

Telefon: ++ 49 (030) 26 39 26 81