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Pressespiegel des Internationalen Auschwitz Komitees

25.06.2015

Den Opfern Gesichter geben

 
 

 

 

 

Quelle: Braunschweiger Zeitung

Auszubildende von VW schlossen bei einem Auschwitz-Projekt Freundschaften mit Jugendlichen aus Polen. Eine Lesung im Gewerkschaftshaus erinnerte an den Völkermord.


Von Sibylle Haberstumpf


Braunschweig. Es ist immer noch schwer, Auschwitz zu begreifen. Und seine Zahlen. Mindestens 1,1 Millionen Menschen starben im größten deutschen Konzentrationslager in den Jahren von 1940 bis 1945. Die meisten von ihnen waren Juden. Auschwitz steht für den Holocaust, den Völkermord, das Grauen.

Schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der riesige Lagerkomplex in Polen rund um das Stammlager Auschwitz und das Vernichtungslager Birkenau zur Gedenkstätte. Sehen und verstehen – diese Botschaft ist besonders dem Internationalen Auschwitz Komitee (IAK) wichtig. „Wir reden von Menschen. Es ist wichtig, den Opfern Gesichter zu geben“, betonte Christoph Heubner, der Vizepräsident des IAK, am Montagabend im DGB-Gewerkschaftshaus vor 70 Gästen.

Gäste, die vornehmlich zum Volkswagen-Konzern gehören. Denn bereits seit mehr als 20 Jahren arbeitet VW mit dem Auschwitz Komitee zusammen. 14 Auszubildende – sieben vom Standort Braunschweig, sieben aus Salzgitter – fahren jedes Jahr für zwei Wochen nach Auschwitz. Nicht etwa als Touristen. Sondern als Mitarbeiter.

Bei dem Projekt dabei war auch die 20-jährige Franziska Faber. Sie berichtete von ihren Eindrücken: „Die Führungen durch das Lager haben uns sehr berührt.“ Während der Gedenkstättenarbeit seien sie vollwertiges Personal des Museums gewesen, erzählte Faber. Die junge VW-Gruppe war gemeinsam mit zwölf polnischen Auszubildenden für Dienste auf dem gesamten Gelände zuständig. Die Arbeit habe ihnen die Geschichte nähergebracht, so Faber. Dass auch die Konservation der Schuhe dazu gehörte, die von ermordeten Häftlingen übriggeblieben waren, habe sie sehr berührt: „An einigen, auch an den Kinderschühchen, war noch Stroh zu sehen.“ Stroh vom vorherigen Transport in den Güterwaggons der Bahn, in denen Juden aus ganz Europa nach Auschwitz kamen.

Ganz praktisch fasste es der 18-jährige Pole Szymon Kasperek zusammen: „Wir wollten dem Lager helfen.“ Er habe sich über die gute Verständigung gefreut: „Wir konnten Freundschaften mit den deutschen Kollegen schließen und haben abends viel miteinander geredet. Ich hoffe, dass wir uns wiedersehen.“

Bei der Kooperation mit VW gehe es „nicht ums Geld“, unterstrich Christoph Heubner. „Es ist eine menschliche Zusammenarbeit.“ Wer als Azubi bei dem Projekt mitmachen will, muss sich intern bewerben. Auch Manager und Meister des Konzerns beteiligen sich mittlerweile an den Erinnerungs- und Bildungsprojekten in der Gedenkstätte. Zum Dank ließ Heubner, der auch Schriftsteller ist, im Gewerkschaftshaus sein Werk „Ich sehe Hunde, die an der Leine reißen“ aufführen – eine bewegende szenische Lesung mit den Berliner Schauspielern Eva-Maria Kurz und Gerd Grasse.

In 40 fiktiven Tagebucheinträgen hat Heubner damit einem faszinierenden jüdischen Künstlerehepaar ein Denkmal gesetzt: Felix Nussbaum und Felka Platek. Heubner hat ihren Lebensweg, den gemeinsamen Traum von der Malerei und ihre Flucht nachgezeichnet und im Internet veröffentlicht: www.find-felka-find-felix.info/ Ihre Spur verliert sich 1944 in Auschwitz.

Michael Kleber vom DGB dankte den Azubis für ihr Engagement in Auschwitz: „Siebzig Jahre nach Kriegsende müssen wir alle gemeinsam etwas dafür tun, dass wir uns an diese Verbrechen erinnern.“


Quelle: Braunschweiger Zeitung